Der Weg des Kriegers
Der dritte Pfeiler - das Vorhandensein Des Lehrers
Der Dritte für die Praxis notwendige Pfeiler, ist das Vorhandensein Des Lehrers. Das ist eine sehr wichtige Sache. Und das ist etwas, was insbesondere hier in dieser Region oft nicht verstanden wird. Weil nach der (Oktober-)Revolution das Verstehen aller spirituellen Traditionen, die wir früher besaßen, faktisch verlorengegangen ist. Und auch das Verstehen der Übertragung, der Übertragung der Schüler-Lehrer-Nachfolge durch Den Lehrer ist in uns faktisch verschwunden.
Die Menschen begreifen heutzutage nicht, was sie für sich gewinnen können, wenn sie irgendwelche Kurse besuchen. Sie können natürlich da irgendwelche Zeugnisse erwerben - dass sie dies und jenes sind, dass sie einen Meditationskurs absolviert haben - das wird jedoch das wahre Wissen nicht ersetzen können. Genauso denken viele, dass sie ganz bestimmt die Meditation zu beherrschen lernen, wenn sie sich alle Bücher zu diesem Thema zulegen. Oder sie verstehen nicht, dass jeder daherkommen und sagen kann: "Ich habe etwas für mich gewonnen - jetzt kann ich das an andere weitergeben".
Solche Menschen verstehen nicht, dass sie dort das wahre spirituelle Wissen nicht bekommen, dass sie am falschen Ort suchen. Zur Zeit gibt es hier sehr viele Zentren. Es gibt Zentren, wo die Menschen eine angesehene Übertragung von erleuchteten Meistern erhalten haben. Aber bei näherem Hinsehen stellt man fest, dass all diese Zentren handlungsunfähig sind. Weil die leitenden Personen dort zwar gute Schüler sein mögen. Vermutlich haben sie von diesen angesehenen Lehrern viel gelernt. Aber das reicht alles nicht, um selbst Lehrer zu sein.
Deshalb fehlt den Menschen jetzt dieses Verstehen, das Verstehen einer spirituellen Tradition, einer spirituellen Übertragung, der Einhaltung der zwei Bedingungen der Übertragung, ohne welche die spirituelle Kraft - bei einer Einweihung empfangen - sich einfach nicht entfalten wird.
Wenn ein Lehrer einem Schüler eine beliebige Technik übergibt, eine beliebige Einweihung, erhält der Schüler dadurch nicht nur eine äußere Methode, nicht nur eine äußere Technik - er bekommt auch die Energie, die notwendig ist, um diese Technik zu verwirklichen. Und das muss nicht unbedingt etwas äußerlich Fühlbares sein. Das muss nicht unbedingt ein Stück Papier, ein heiliger Talisman, ein Stab, ein Ring oder etwas ähnliches sein.
Oft ist es so, dass die Menschen es zunächst selbst nicht bemerken. Monate oder sogar Jahre können vergehen, aber der Impuls, den sie erhalten haben, er wird ihnen helfen, die Technik zu verwirklichen, er wird ihnen helfen, die Praxis stets aufrecht zu erhalten. Dadurch werden die Menschen auch viel mehr Informationen bekommen als beispielsweise nur mit Hilfe der Bücher.
Ja, es kann sein, dass es den Menschen zuerst unklar ist, was ihnen gesagt wird. Aber im Laufe ihrer Praxis werden sie eigene Erfahrung sammeln. Und dann werden sie sich daran erinnern, was ihnen früher gesagt wurde und sie werden das nutzen können. Nur eine Übertragung kann so etwas vermitteln.
Die zweite Bedingung besteht darin, dass Das Wissen von einem Menschen übertragen werden sollte, der selbst praktiziert und der die Erfahrung dieser Zustände besitzt. Nur ein solcher Mensch kann mit notwendiger Autorität und Qualifikation den Schüler auf seine Fehler aufmerksam machen. Nur ein solcher Mensch kann die spirituelle Praxis anderer leiten. Nur ein solcher Mensch ist in der Lage zu entscheiden, welche Technik in welcher Intensität einem anderen Menschen passt.
Und dies hängt nicht von irgendwelchen Kursen oder ähnlichem ab. Historisch gesehen gab es oft große Meister und Patriarchen, die weder lesen noch schreiben konnten. Dennoch konnten sie die heiligen Texte kommentieren.
Sogar Der Sechste Zen-Patriarch Huineng war ein Analphabet - dies wird in dem Platform-Sutra beschrieben. Jedoch wurde er von den bekanntesten Lehrern besucht, sie haben ihm Sutras vorgelesen - und er hat sie unmittelbar mündlich kommentiert. Weil er das Wichtigste besaß - er besaß die Erfahrung. Deshalb war er in der Lage sofort zu verstehen, worum es in diesem oder jenem Sutra ging, und konnte sofort dessen Verstehen darlegen. Er besaß keine Philosophie, er hat keine zahlreiche Bücher studiert, keine Arbeiten, die diese Fragen behandelten, aber er konnte sofort sagen, worin der Wesenskern besteht, weil er ihn fühlte.
Und nur solche Menschen können mit Autorität behaupten, dass die Erleuchtung "das" oder die Meditation "jenes" ist. Wenngleich es kaum anzunehmen ist, dass solche Menschen in diesen Kategorien reden werden.
Der wahre Lehrer wird den Schüler nicht in einen festen Rahmen hineinzwängen: er wird dem Schüler anbieten, Diesen Weg selbständig zu beschreiten. Und das ist ein gutes Kriterium, wie man Einen wahren Lehrer findet. Der wahre Lehrer wird dem Schüler sein eigenes Verstehen oder seine eigene Vorstellung nicht aufdrängen. Er wird die Methoden zeigen. Er kann dem Schüler die Richtung zeigen, wohin man gehen sollte, und er wird Hilfe anbieten. Gehen wird der Schüler jedoch selbständig.
Hier geht es auch um ein großes Missverständnis, das es bei vielen Menschen in Bezug auf die Schülerschaft gibt. Das ist ein großer Mythos. Viele glauben nämlich, dass das Wichtigste darin besteht, einen alten weisen Mann mit einem Stab zu finden. Dieser wird auf dich zukommen, dich plötzlich auf den Kopf schlagen oder etwas ins Ohr flüstern - und prompt kommt die Erleuchtung. Bis zu jenem Zeitpunkt aber muss man nichts machen - nur rumsitzen und auf ihn warten. Solche Menschen irren sich gewaltig.
Denn welche Lehrer auch immer sie in ihrem Leben treffen mögen, von den Lehrern hängt nicht sehr viel ab. Weil alles, was ein Lehrer tun kann, sich darauf beschränkt irgendeine Form von Hilfe anzubieten. Aber er kann nicht die ganze Arbeit für den Schüler erledigen. Er kann ihm nur helfen: er kann ihm die Richtung zeigen und die Fehler korrigieren. Aber Der Weg muss vom Schüler selbst beschritten werden.
Eben deswegen sollte der Schüler nicht auf den Lehrer warten - er muss selbst praktizieren. Und dann wird das fernöstliche Sprichwort verwirklicht: "Wenn der Schüler reift, kommt der Lehrer".
In den Ashrams und Klöstern gab es immer eine Riesenmenge von Schülern, Hunderte und Tausende. Aber in der Geschichte erreichten nur Einzelne von ihnen das Niveau ihrer Lehrer. Und die anderen Schüler stellten, wie man im Zen sagte, "Reisbeutel und Kleiderständer" dar. Deshalb sollte man nicht auf irgendwelche Lehrer warten. Man sollte nicht auf irgendwelche höhere Einweihungen warten - man muss das alles sofort, unverzüglich in sich verwirklichen. Und dann wird die Einweihung, die man erhält, die schon vorhandene innere Bestrebung verstärken. Und erst dann werden all diese Methoden funktionieren und all die geheimen Techniken tatsächlich ihren tiefen Sinn preisgeben.
Ansonsten werden die Menschen wie gehabt immer mehr Bücher lesen, um festzustellen, dass alles sehr einfach und bekannt ist. Hier wird es sich jedoch nur um eine mentale Wahrnehmung handeln. Dies wird keine Erfahrung sein. Deshalb ist das Vorhandensein des Lehrers notwendig, das ist die wichtigste Bedingung.
Wenn man die Lebensläufe der Lehrer aus vergangenen Zeiten liest, findet man dort oft, dass der einzige Wunsch kurz vor dem Tod die Wiedergeburt als Mönch war, damit sie ihre spirituelle Entwicklung fortsetzen konnten. In vielen Traditionen, auch im Buddhismus, wurde dies als ein hervorragendes Zeichen hervorgehoben.
Wie findet man ein Land, das für die Geburt "günstig" ist? Das ist ein Land, wo spirituelle Lehren vorhanden sind. Das ist ein Land, wo spirituelle Zentren vorhanden sind, ein Land, wo es Lehrer gibt. Und nur in einem solchen Land ist es sinnvoll, geboren zu werden.
In unserem Land wurden nach der Revolution alle Lehren ausgelöscht. Eben deswegen verarmte unser Land derart, insbesondere im Hinblick auf begabte Menschen: weil geniale und talentierte Menschen in dieser Zeit in anderen Ländern, im Westen, geboren wurden. Vor der Revolution jedoch galt Russland als eine Schatzruhe der Weltkultur. Und es war auch die führende Macht im Hinblick auf alle Bereiche der Kunst.
Man kann sich in Erinnerung rufen, dass es im Laufe des zwanzigsten Jahrhunderts bei uns nur eine Handvoll herausragende Künstler gab.
Und sofern in GUS-Ländern wieder spirituelle Zentren und Lehrer auftauchen werden, im gleichen Maße werden spirituelle Lehren ihre Wiedergeburt erleben und es werden wieder große Persönlichkeiten geboren. Weil hochbegabte Persönlichkeiten meistens selbst die Orte auswählen, wo sie ihre Fähigkeiten verwirklichen können.
Früher war das immer der Osten, weil es im Osten die höchste Konzentration der materiellen und sozialen Wohlfahrt gab. Eben deswegen lagen die Geburtsorte der Lehrer früher immer im Osten. Wenn man heutzutage die Presse liest, dann stellt man fest, dass alle Lehrer, sogar die östlichen, sich gerade im Westen aufhalten. Es handelt sich um Amerika und Europa. Sie alle leben jetzt dort, weil es dort die besten Bedingungen gibt. Und der Großteil der Schüler in den spirituellen Ashrams sind Amerikaner und Europäer, weil das Menschen sind, die Möglichkeiten für ihr spirituelles Wachstum und Entwicklung bekommen haben.
Deshalb obliegt es unseren Leuten jetzt diese drei notwendigen Voraussetzungen zu schaffen: die Möglichkeiten für die Gründung und die Entwicklung spiritueller Zentren, für das Aufkommen und die Verbreitung spiritueller Lehren sowie für die Existenz spiritueller Lehrer. Und dann bekommen die Menschen die Möglichkeiten für ihr spirituelles Wachstum. Und nur dann werden sich die GUS-Länder auch wirtschaftlich erholen. Auf diese Weise kann die Spiritualität kultiviert werden.
Dies erfordert sehr viel Zeit, oft Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte. Aber die Spiritualität, die in einem Volk oder in einer Nation vorhanden ist, sie geht auch nicht innerhalb von einigen Jahren verloren.
Es war immer so in Russland, dass Invasionen und Kriege den Patriotismus und die Spiritualität der Russen nicht ausrotten konnten. Die nationalen Charakterzüge blieben trotz allem bestehen und keiner konnte sie bis heute ausrotten. Ich denke, dass die Sprösse der Spiritualität, die vor der Sovjetära angelegt worden sind, bis heute noch nicht vernichtet sind. Sie bleiben in den Menschen bestehen. Weil aber den Menschen eben Dieser wichtigster Pfeiler - das Vorhandensein Der Lehrer - fehlt, können die Menschen ihren Wesenskern nicht verwirklichen, den Wesenskern, der jedem Menschen ursprünglich innewohnt. Sie können ihre eigene innere Weisheit nicht verwirklichen, ihren eigenen inneren Ursprung.
Deswegen sind viele Menschen zurzeit verklemmt. Eben deswegen kommt es jetzt zu so vielen psychischen und physischen Krankheiten. Weil die Menschen aufgehört haben moralisch und spirituell zu handeln. Sie lassen sich heutzutage nur vom Äußeren leiten, das Innere ist faktisch in die Vergessenheit geraten. Deshalb haben sie jetzt die Möglichkeiten für ihre Weiterentwicklung verloren. Die Menschen, die hier leben, sie haben in dieser Hinsicht ein ganz bestimmtes Karma.
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